Und eines gleich vorweg: ich habe (noch) keine Ahnung, ob es geholfen hat — aber der Kochkurs selbst war toll. So und jetzt der Reihe nach.
Theo und ich spielen ja seit einiger Zeit Golf und unser neuer Heimat-Club hat seit Januar ein neues Pächterpaar für das Restaurant. Diese boten vor kurzem einem Kochkurs an, unter dem Motto: “Alles Gute aus dem Meer”.
Och, dachte ich, es kann ja nie schaden, wenn man weiß wie Fisch oder Meeresfrüchte zubereitet werden und Schwups — schon hatte ich mich angemeldet! —Mit folgendem Text:
»Liebe Frau XY, lieber Herr XY. Wir kennen uns zwar noch nicht, weil ich aus Zucker bin und deshalb nur im Sommer golfe — aber ein bisschen kochen wollte ich schon immer mal lernen! Und da ich gerne Fisch esse, ist dies eine gute Gelegenheit! Mein Thermomix wird sich auch freuen, weil er dann mal einen Tag ausspannen kann. Aber seien Sie gewarnt, meine Kochkünste sind noch miserabler als mein Golf-Handicap!«
…was die wohl gedacht haben? Am Tag des Kochkurses waren wir zu sechst, was mir sagte: die aller, aller, allermeisten Golfer können auch kochen — oder zumindest glauben sie das. Aber das haben Hobbygolfer wohl mit Hobbyköchen gemeinsam 😉
Was uns dann jedoch erwartete, übertraf zumindest meine Erwartung. Keine langweilige Forelle, blasse Gamba oder müde Dorade — nein, stattdessen erwarteten uns mehrere schöne Knurrhähne, ein imposanter Seeteufel, ein Steinbutt, Austern, Adlerfische und oh-je, jede Menge lebende Hummer! Fast hätte ich einen davon auch noch adoptiert.
Nach einem Begrüßungsgläschen Sekt stellte uns der Chefkoch jeden der Meeresbewohner einzeln vor und erstaunte uns „Stifte“ mit sehr viel Hintergrundwissen — nicht nur über die Zubereitung selbst. Während der Chef de Cuisine uns auf sehr anschauliche Weise erklärte, woran man frischen Fisch erkennt und worauf man beim Kauf achten sollte, erzählte er uns, ganz nebenbei, auch etwas über unsere Ozeane, die Überfischung der Weltmeere oder bspw. darüber, warum Panama Lachse für den deutschen Markt züchtet. Neben der Qualität war es ihm wichtig zu wissen, woher seine „Lebensmittel“ kamen und entsprechend behandelte er diese auch mit dem nötigen Respekt! Ich finde, wie jemand mit Lebensmitteln umgeht, insbesondere, wenn es sich dabei um Tiere handelt, auch wenn sie schon tot sind, sagt eine Menge über jemanden aus.
Nachdem jeder von uns dann dem Seeteufel mal in sein riesiges Maul geschaut hatte und die ganz tief im Rachen versteckte, zweite Zahnreihe bestaunt hatte, die der Seeteufel zum Knacken von Schalentieren benötigt, ging es, in wahrsten Sinne des Wortes, ans Eingemachte: das Ausnehmen der Fische. (Und wie immer sind die mit der größten Klappe, wenn es drauf ankommt, die die nix geregelt kriegen. In unserem Fall war es der selbsternannte „Hahn im Korb“.)
Unser Küchenchef erklärte uns jedenfalls, dass wir zuerst immer die Flossen eines Fisches abschneiden müssen. Diese können, je nach Fisch, auch schon mal sehr stachelig sein oder gar ein leichtes Nervengift enthalten. Die Flossen eines Knurrhahns sind zum Beispiel sehr stachelig! Nach dem Entfernen der Flossen wird der Fisch von unten nach oben aufgeschlitzt, die Innereien werden unterhalb des Kopfes abgetrennt und dann wird der Fisch unter fließendem Wasser ausgespült.
Jeder der Lust hatte, durfte danach selbst einen Fisch ausnehmen und anschließend ebenfalls selbst filetieren. —Natürlich wurde uns auch das vorher wieder genau erklärt. Von dem imposanten Seeteufel, der vor dem filetieren satte 4.5 KG auf die Waage brachte, blieben anschließend nur 1.5 KG Filets übrig, weil der enorm große Kopf, indem auch die Verdauungsorgane des Fisches sitzen, nicht mitverarbeitet wird — außer die Wangenbäckchen.
Aber natürlich lernten wir an diesem Nachmittag nicht nur was einen guten Fisch ausmacht und wie man ihn richtig ausnimmt, bzw. filetiert. Natürlich wurde auch gekocht! So kochten wir aus dem Knurrhahn, zusammen mit Miesmuscheln und anderen Fischen, eine Bouillabaisse und der Steinbutt wurde später roh, als eine Art Sashimi, mit Tomaten- und Schalottenwürfeln serviert und „lediglich“ mit heißem Öl übergossen — sehr lecker! (Die Tomaten dafür habe übrigens ich gewürfelt und wäre damit fast ins Guinnessbuch der Weltrekorde gekommen — für das langsamste Tomatenwürfeln.)
Außerdem erfuhren wir etwas über die Zubereitung von Austern und wie man diese kleinen Sturköpfe überhaupt aufbekommt, ohne sich dabei selbst ein Loch in die Hand zu bohren. Was Austern angeht, so gebe ich gerne zu, dass sie nicht so mein Ding sind. Roh schon gar nicht! Aber a la Rockefeller oder Kilpatrick, kann man sie durchaus genießen. Austern Kilpatrick ist ein Australisches Rezept und ich habe mal versucht herauszufinden, warum man Austern mit Speck, Zwiebeln und BBQ Sosse Kilpatrick nennt. Leider stieß ich bei meiner Recherche jedoch nur auf einen Australier namens Sir William John (Bill) Kilpatrick (1906–1985). Dieser war ein Geschäftsmann und Gönner und auch ein guter Golfer. Ob aber das Rezept nach ihm benannt wurde, konnte ich nicht herausfinden. Aber vielleicht hieß es ursprünglich ja auch Kill Patrick? 😉
In diesem Kochkurs lernten wir aber auch etwas über die richtige Verwertung von Lebensmitteln. Beim Würfeln der Tomaten zeigte mir die Chefköchin bspw., dass man dafür die Tomaten zuerst viertelt und es wichtig ist, dass man das Fruchtfleisch herausschneidet. Das Fruchtfleisch kann man zum Beispiel einfrieren oder zu einem weißen Tomatenfond weiterverarbeiten. …oder das man den Fischfond der sich beim Kochen entwickelt prima in Eiswürfelsäckchen einfrieren kann.
Was mir persönlich auch total gut gefallen hat, waren die hochwertigen Gewürze, die unsere beiden Lehrmeister verwendeten. Ich bin zwar eine miserable Köchin, aber wenn ein Gericht bei mir in die Hose geht, dann liegt es sicher nicht an den Gewürzen!
Während die Bouillabaisse dann aromatisch vor sich hin köchelte und das Dessert, eine Creme Brulée, sich der Wärme des Ofens erfreute, machten wir uns an die Hummer! Ich gestehe, dass ich Hummer liebe — am liebsten mit Salsa Americana. Ach, was haben Theo und ich früher in Spanien Hummer verspeist! Ich weiß noch, dass ich sie mal gekauft habe, als Gang von Vier. Wir erwarteten Besuch und auf der Fahrt nach Hause war ich in einen Stau geraten, bei 35 Grad! Die Hummer, die im Geschäft natürlich auf Eiswürfel gebettet, ein wenig betäubt, vor sich hin geschlummert hatten, waren aufgewacht, hatten die Plastikverpackung mit ihren messerscharfen Scheren durchtrennt und waren sodann in meinem Auto auf Entdeckungsreise gegangen. Einer von ihnen hatte mich sogar mehr als nur liebevoll in die Ferse gezwickt. Ich gestehe, ich habe schon viele Hummer ermordet und wenn ich dafür später einmal ein Weilchen bei Luzifer verbringen muss, dann ist das durchaus OK für mich!
Auch bei unseren beiden Küchenchefs lagen die gesunden Tiere, denen nicht ein einziges Haar, bzw. Fühler, gekrümmt worden war, auf Eis/Eiswasser. Dies betäubt die Tiere, sodass sie sich in einer Art Trance befinden. Der Begriff Trance, in diesem Zusammenhang, stammt übrigens auch nicht von mir, sondern von den beiden Küchenchefs, was mir natürlich schon sehr gut gefiel. Unser Küchenchef nahm dann auch eins der Tiere und setzte es sich behutsam auf den Unterarm. So wie ich nun mal bin, konnte ich nicht anders und tat es ihm nach. Denn dass diese Hummer so verdammt lecker sind, ändert nichts daran, dass man sie wohlwollend und mit Respekt behandeln kann! Leider sehen das nicht alle Menschen so.
Unser Küchenchef erklärte uns dann auch, dass man in Frankreich die Hummer zuerst mit einem spitzen Dolch tötete, indem man ihnen in den Nacken stach. Erst danach warf man sie ins kochend heiße Wasser. Während es in Frankreich jedoch verboten ist, die Tiere lebendig ins heiße Wasser zu stoßen, ist es in Deutschland verboten, die Tiere vorher zu erstechen. Deshalb betonte unser Küchenchef auch mehrmals ausdrücklich, wie wichtig es sei, die Tiere ohne zu zögern, einzeln, in einen ausreichend großen Topf mit kochend heißem Wasser zu stoßen! Stoßen, nicht hineinlegen — sodass die Tiere wirklich so wenig wie möglich Todesangst oder Panik oder Schmerzen erfahren! Letzteres sind eher meine Worte.
Ich gebe zu, dass was ich früher wirklich ohne groß darüber nachzudenken tat, nämlich die Tiere einfach ins kochend heiße Wasser zu stoßen, habe ich beim Kochkurs nicht mehr übers Herz gebracht. Also überließ ich dies dem Chefkoch. Allerdings scheute ich mich nicht, den einzigen männlichen Teilnehmer des Kochkurses richtig zur Sau zu machen, weil der Angeber letztendlich nicht die EIER hatte, dass arme Tier, ohne zu zögern, ins heiße Wasser zu stoßen! Und dabei hatte er bei der Creme Brulée noch so damit geprahlt, dass Frauen keine Ahnung von Eiern hätten — oder so in der Art jedenfalls.
Es gibt im Golfsport einen Spruch: Spielst du mit jemandem Golf, lernst du seinen wahren Charakter kennen. Dasselbe trifft meines Erachtens auch aufs Kochen zu!
Kommen wir zu den Zufällen und meiner heißgeliebten Salsa Americana! In Deutschland bekommt man einen Hummer zumeist mit Buttersoße serviert. Bäh, kann ich dazu nur sagen! Leider war ich selbst, in all den Jahren seit meinem Wegzug aus Spanien, auch zu blöd dazu herauszufinden, dass das was man in Spanien allgemein als Salsa Americana bezeichnet in Wirklichkeit eine Soße aus den Schalen der Hummer ist. Und nachdem ich gesehen hatte, wie unser Chef de Cuisine die Soße mit einem kräftigen Schuss Bourbon ablöschte, wurde mir auch klar, warum die Spanier diese Soße „Salsa Americana“ nennen!
Jedenfalls, Zufälle gibt es nicht und die „Hummersoße“ schmeckte genau so wie früher in Spanien die Salsa Americana.
Nachdem alles fertig gekocht war, nahmen wir Stifte an einer sehr hübsch und frühlingshaft gedeckten Tafel Platz. Und weil wir so viel gekocht hatten, waren auch ein paar Partner der Stifte zum Essen gekommen — so natürlich auch Theo.
Nach dem „Apero“ aus Steinbutt-Sashimi und der Austern-Vorspeise, folgte die Bouillabaisse. Das Hauptgericht bestand aus Adlerfisch, Hummer und Risotto-Bällchen auf Erbsenpüree, wobei das grüne Püree zu dem Rot des Hummers einen sehr appetitlichen Kontrast bildete, denn das Auge isst zuweilen auch mit! Als Dessert folgte die Creme Brulée.
Außerdem erhielten wir alle eine signierte Kochschürze und einen Schnellhefter, mit allen Rezepten und einer Fotoanleitung, die uns noch einmal veranschaulichte, wie man die verschiedenen Fischarten richtig ausnimmt und filetiert. Zudem enthielt das Heft wissenswertes über die Ozeane und „Ein Wort zum Schluss“ — mit einem roten Faden. Dies überraschte mich zugegebenermaßen und wer meine Bücher kennt, weiß, dass ich total auf rote Fäden stehe. Ohne rote Fäden geht nämlich gar nix!
Irgendwann werde ich das was ich bei diesem Kochkurs gelernt habe auch anwenden und Theo und mir einen leckeren Fisch kaufen, ihn respektvoll ausnehmen, liebevoll filetieren und gewissenhaft zubereiten. Hummer in heißes Wasser schmeißen, werde ich nicht mehr tun — das überlasse ich künftig unserem neuen Chefkoch auch dem Golfplatz!
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Post (Blog) Fotos: www.golfclub-anholt.de